Bauernkrieg im Brigachtal

Wie bei der französischen Revolution, so lagen Missstände in Staat, Religion und in der Gesellschaft zu Grunde, die zum Teil schon seit Jahrhunderten sich entwickelten und bestanden hatten. Nur das Zusammenwirken vieler und großer Übelstände konnte so eine gewaltige Revolution hervorrufen. Das politische Elend, unter dem Deutschland im späteren Mittelalter zu leiden hatte, die immer wieder Ärgernis erregenden kirchlichen Verhältnisse, Hader und Zwietracht unter den einzelnen Ständen der Bevölkerung, besonders Hochmut und unbegründete Selbstüberhebung der oberen Schichten den Bauern gegenüber, wirkten, wie noch vieles andere, zerfetzend auf ganz Deutschland ein. Der Bauernstand hatte unter Bedrückungen und vielfach erst in letzter Zeit willkürlich gesteigerten ökonomischen Lasten, sowie häufig unter mangelnder Rechtspflege zu leiden.
Erhebliche Unwetter im Jahre 1524 setzten die Bauern weiter unter Druck, Missernten waren die Folge

Chronischer Ablauf des Bauernkrieges soweit belegbar und es die Villinger untertänigen Bauern betreffend:

Juni 1524 Erste bedenkliche Unruhen in der Landgrafschaft Stühlingen. Die Untertanen der Grafen von Lupfen (Stühlingen) waren, das lässt sich mit einer gewissen Sicherheit annehmen, übel dran; sie hatten unter einer ungeordneten, willkürlich gehandhabten Rechtspflege zu leiden, waren mit Abgaben, Steuern und Frondiensten sehr beschwert, durch unnötige Verbote und Belästigungen in ihrem täglichen Leben gehindert und gereizt und wurden dazu bei jeder Übertretung, bei jedem Vergehen mit außerordentlich strengen Strafen an Leib und Gut heimgesucht. Den Anlass zum Aufstand gab wohl die Forderung an die Bauern durch die Gräfin von Lupfen, Schneckenhäuschen zu sammeln, damit diese Garn darauf spinnen kann.

Nach dem Bericht der Stadt Freiburg zog ein Fremder im Schwarzwald herum, der die Bauern zu einem Bundschuh aufgefordert haben soll, dieser Fremde nannte sich Karsthans von Landstuhl, wohl ein Nachtreter von Ullrich Hutten, gehört der Gedanken Hutten, niemand anders als Thomas Münzer, der in 1524-1525 durch den Schwarzwald und den Klettgau streifte, war also der Fremde Thomas Münzer, diese Frage bleibt wohl offen.

24. Juni 1524 rotteten sich unter Bauernhauptmann Hans Müller aus Bulgenbach zwischen 600-1200 Bauern aus Stühlingen, Bonndorf, Ewattingen und Bettmaringen zusammen

24 August 1524 zogen unter einer gelb-rot-schwarzen Fahne die aufständischen Stühlinger Bauern nach Waldshut zur Kirchweihe und hielten Beratschlagungen

10. -25 . September 1524 Versuch eines Vergleichs (Anlass) der Stühlinger Aufständischen mit dessen Grafen

28. September 1524 Die Stühlinger Bauern wurden durch Diener des Hauses Lupfen bestohlen und deren Vieh ins Schloss gezerrt

28. September 1524 Hans und Burkhart zu Schellenberg, Herren zu Hüfingen, berichten von Unruhen, einer “wilden Handlung“ ihrer Untertanen in ihrem Gebiet. Es sei zu befürchten, dass sie sich mit den Stühlingern verständigen.

6. Oktober 1524 Erfährt der Rat der Stadt Villingen, die Bauern der Landgrafschaft Stühlingen haben sich wieder zusammengerottet und seien im Anzug.

6. – 10. Oktober 1524 Die Stühlinger Bauern setzen ihren Zug nach Norden, über Wutach bis Bachheim, hier lagerten die Bauern. Sie bildeten 3 Haufen aus, der alte Haufen, der große Haufen und der verlorene Haufen. Ein Abgesandter der Bauern ließ den Bewohnern des offenen Städtchens Bräunlingen verkünden, sie mögen sich gewiss den Bauern nicht widersetzen, sonst müssen sie als Feinde behandelt werden. Die Junker zu Schellenberg in Hüfingen bekamen einen solchen Schrecken, denn die Bauern liefen zusammen wie die Säue, dass sie schon am 6. Oktober am Morgen alle ihre Wertsachen nach Villingen in Junker Jakob Freiburgers Haus brachten. In der Nacht setzten die Bauern Ihren Zug in Richtung Westen weiter über Löffingen nach Lenzkirch, wieder nördlich nach Neustadt, Langenordnach, Schollach, Urach, Furtwangen, nach Osten gegen Vöhrenbach und das Bregtal hinab nach Bräunlingen. Zweck dieses Marsches, der mehrere Tage und Nächte in Anspruch nahm, war Stimmung zu machen und Anhänger zu gewinnen. In der Tat schloss sich eine große Zahl an Aufständischen an, so wuchs die Zahl auf 3.000 Bauern an.

8. Oktober 1524 2 Abgesandte des Bauernhaufen aus dem Schwarzwald baten den Bürgermeister von Überlingen in der Sache der Bauern zu vermitteln

11. Oktober 1524 Zogen 1.500 Bauern nach Donaueschingen, die anderen sind wieder in ihre Dörfer zurück, hier erfuhren die Bauern, dass ein Heer unter Hans Jakob zu Landau mit 1.800 Fußknechten und 200 Reitern im Anzug seien. Auf diese Nachricht hin verließen die Bauern das Dorf und zogen über die Wutach nach Ewattingen ab.

12 Oktober 1524 der Überlinger vermittelte, es kam  zu einem Vertrag (Ewattinger Vertrag, Anlass), der ein Schiedsgericht einberufen soll. So waren die Aufstände erst einmal gestillt.

Mitte November 1524 Erhebung der Hüfinger Untertanen in Mundelfingen. Von verschieden Seiten wurde Hans Müller mit seinem Haufen gebeten, Schutz zu gewähren und zu Recht zu verhelfen.

Die neuen Unzufriedenen strebten allenthalben danach, man möge den ‘‘Anlass‘‘ auch auf sie ausdehnen oder doch ihnen ähnliche Vergünstigungen zu teil werden lassen wie den ‘‘Veranlassten‘‘. Das war der Hauptgrund der Bewegung der Villinger untertänigen Bauern (Rietheim, Marbach, Klengen, Überauchen, Beckhofen und Grüningen) aus dem Brigachtal wie sie unmittelbar darauf zu Tage trat.

17.? November 1524 In der Mühle zu Klengen im Brigachtal versammelten sich etliche Unzufriedene, hielten einen Rat im Betreff der Aufstellung einiger Beschwerden und einigten sich schließlich zu 16 Artikeln. Diese enthielten althergebrachte Forderungen. Zu bemerken ist, dass in den 16 Artikeln die in Deutschland religiöse Bewegung in keinerlei Weise zum Ausdruck kommt. Ist da die Handschrift von Thomas Müntzer zu erkennen?

16 Artikel der Brigachtaler aufständischen Bauern

1.) Ihren Herrschaften sollen sie weder hegen, noch jagen dürfen; alles Gewild, Wasser und Vögel sollen frei sein.
2.) Sollen nicht verbunden sein, ihren Hunden Bengel (Glocken) anzulegen
3.) Soll ihnen freistehen, Armbrüste und Büchsen zu tragen
4.) Von Förstern und Jägern sollen sie nicht gestraft werden können
5.) Nicht verbunden sein ihren Herren Dung zu fahren
6.) Weder ihnen zu mähen, zu heuen, schneiden, Holz und Garben einzuführen
7.) Sollen sie weder Handwerker noch Märkte halber zu nichts gezwungen sein
8.) Soll keiner bis zur Verhandlung im Turm eingesperrt oder gefesselt werden, der das Recht verbürgen kann
9.)Sollen sie weder Steuer, noch Schatzung und Ungeld zu zahlen schuldig sein, er wäre dann zu Recht erkannt
10.) Sollen sie nicht schuldig sein Bannkorn zu geben oder Acker zu fahren
11.) Niemand soll wenn er ohne vorherige Erlaubnis weibet oder mannet des Ungehorsams wegen gestraft werden
12.) Wenn sich einer erhängt oder selbst entleibt, soll der Herr dessen Gut nicht nehmen
13.) Der Herr soll keinen erben, der noch Verwandte hat
14.) Sollen nicht verbunden sein, Abzug oder Vogtrecht zu bezahlen
15.) Wer Wein in seinem Haus hat soll selben unbestraft ausschenken dürfen
16.) Wen der Vogt in einem Gericht belanget aber ihn nicht mit guter Kundschaft überwunden(keine überzeugenden beweise beibringt) soll er selben zu zahlen nicht schuldig sein.

  • 25. November 1524 Auf einen besonderen Befehl, nach Villingen zu kommen, begaben sich fünf Vögte und ihre Untertanen aus Grüningen, Beckhofen, Überauchen, Klengen, Marbach und Rietheim vor die Stadt an das Niedere Thor. Ehe sie dieselbe betraten, baten sie um Geleit. Auf die Versicherung des Rats ein Geleit sei nicht nötig, man habe doch nur Freundliches mit ihnen zu bereden, fügten sich  die Vögte und etliche andere, während die übrigen „abtraten“. Mit den Vögten war der Rat bald einig geworden; den Abgetretenen gab derselbe am anderen Tag doch das gewünschte Geleit, ließ sie vor sich kommen und versprach ihnen baldige Antwort. Die Abgetretenen, 25 an der Zahl,  hatten indes schon andere Pläne, sie suchten in der Umgegend sich Anhänger zu verschaffen, um ihre Sache nachdrücklich verfolgen zu können.
  • 26. November 1524 Zogen die Bauern in das nahe Dürrheim und baten dort den Vogt einen Gemeind abzuhalten. Das tat er auch. Der Vogt und seine Bauern sollen doch mit ihnen ziehen, sie selbst seien bei ihren Herren in Ungnade und begehren nichts als „das göttliche Recht“. Hier schlossen sich den Brigachtalern 3 weitere Bauern an. Hans Hecht, Pesthle Posst und ain Gritzer, „die warend us der Maus fill schuldig“. Also gingen sie jetzt nach Emmingen hoch um dort den Vogt zu beten einen Gemeind abzuhalten, dies tat er auch.  Die aus dem Brigachtal hatten nun zwei Hautpmänner gewählt „Oswald Meder aus Rietheim und Hans Hecht aus Dürrheim“. Dazu erschien ganz plötzlich in Emmingen, ob gerufen oder aus eigenem Antrieb ist nicht ganz sicher, der Hauptmann der ganzen Bauernschaft Hans Müller aus Bulgenbach.  Ihm zogen unterwegs viele Bauern nach; ihr „gemein Geschrei“ war „wer Rechts begehr, dem wöllen sie zu Recht verhelfen“. Hans Müller blieb nun einige Zeit bei  den Brigachtaler Bauern und Umgebung; er wurde ihr „ Redma, dan er kund wol schwetzen“. Das gleiche konnte Oswald Meder aus Rietheim auch. Wie Hans Müller  dazu kam, sich in die Angelegenheit der ausgetretenen Villinger zu mischen, ist nicht ganz klar. Er selbst habe nicht daran gedacht Unruhe zu stiften oder jemand anders in den Anlaß aufzunehmen. Die Villinger seien als befreundete Nachbarn gekommen und man solle doch ihnen zu Recht verhelfen; weil sie nichts anders begehren als das göttliche Recht. Oswald Meder erklärt, der alte Haufen habe Hans Müller abgeschickt, dass er bei den Unterhandlungen, bei Abschluss eines gütlichen Vertrags behilflich sein könne. Hat Hans Müller sogar an der Bewegung der Villinger Bauern teilgenommen, ehe er überhaupt einen Auftrag seiner Landsleute erhalten hat?
  • 2. Dezember 1524 ließen sich die Bauern in dem Städtchen Bräunlingen nieder, Von dem nahen Hüfingen stießen 15 Untertanen der Herren von Schellenberg zu ihnen. Im Ganzen waren es jetzt über 200 Mann. In Bräunlingen blieben sie über Nacht. Die Bewohner gaben ihnen Essen und Trinken. Es ging also soweit noch ganz geordnet her.
  • 3. Dezember 1524 Wandte sich die Schar der Aufständischen Hüfingen zu. Die Herren des Städtchens waren nicht zu Hause. Hans von Schellenberg hatte sich mit seiner Familie in den Hegau begeben. Die Tore fanden die Bauern verschlossen vor. Darauf glaubten Sie den Eintritt erzwingen zu können. Die Hüfinger gaben den Bauern nicht nach. Die Bauern zogen ab.
  • 7. Dezember 1524 bildete Oswald Meder der Führer der Villinger ausgetreten, aus den Aufständischen von Villingen, Fürstenberg und Schellenberg eine besondere Gruppe, den sogenannten „neuen Haufen“ aus! An drei Orten ließen sich die Bauern nieder, in Neustadt, Löffingen und Unadingen. In 2 Stunden konnten sie an einen Platz vereinigt werden, wohl so um die 2 – 3.000 Mann. In der Gegend um Löffingen bildete sich ein Mittelpunkt für die ganze Bauernbewegung.
  • 9. Dezember 1524 Abgesandte der Reichstadt Rottweil, im Auftrag der Herren zu Schellenberg begaben sich am Abend zu dem „neuen Haufen“ nach Unadingen, um zu unterhandeln und Bedingungen zu stellen. Sie erreichten so gut wie nichts. In den nächste Tagen zog Meder und Hecht mit dem neuen Haufen, der nicht mehr als 200 Mann stark war kreuz und quer
  • 12. Dezember 1524 Nachmittags um 4 Uhr kamen sie vor Bräunlingen, hier wurden aber hier abgewiesen. So zogen sie das Bregtal hinauf nach Wolterdingen.
  • 13. Dezember 1524 Vormittags um 11 Uhr erschien der neue Haufen in DonaueschingenKaum war die Kunde vom Einzug des neuen Haufens in Donaueschingen nach Villingen gedrungen, als man eilends einen reitenden Boten zu Rudolf von Ehningen, der seit 12, Dezember wieder in Tuttlingen war schickte mit der Bitte um Übersendendung eines riesigen Zugs.
  • 14. Dezember 1524 an die 40 Reiter Rudolfs kamen in Villingen an. Auf dem Kirchhof versammelten sich um 11 Uhr,  400 Mann zu Ross und zu Fuß mit 5 Feldgeschützen. Um die Mittagstunde erfolgte der Ausmarsch. Kaum wurde die Streitmacht von den Bauern wahrgenommen, wie sie nördlich von Donaueschingen heranzogen, so eilten dies in regeloser Flucht Richtung Wolterdingen. Die Reiter sprenget ihnen nach, doch waren sie bei der Verfolgung sehr gehindert durch die Karren und Wagen der Bauern, aus denen diese eine Wagenburg hergestellt hatten. Einige Bauern wurden von den Reitern erreicht und niedergestochen.  Die übrigen verschwanden, wo sich ein jeder am schnellsten verbergen konnte. Sie zogen sich in die abgelegen Schwarzwaldtäler zurück und dort ließen sie wieder das Zierheldengeschrei ertönen, freilich ohne Erfolg. Auch ließen sie hören
     „Villingen sei eine Mördergrub“.So endete der erste blutige Zusammenstoß des ganzen Bauernkriegs  von dem man sicher Kunde hat.  
  • 19. Dezember 1524  Montag, die Villinger Stadtknechte fingen die fünf Vögte aus dem Brigachtal ein und ließen sie am Dienstag wieder gehen. Man würde sie am Leben lassen, sie sollen eine bürgerliche Strafe bekommenen.
  • 31. Januar 1525 Verhandlungen der Villinger Amtsleute mit Gerog Truchseß zu Waldburg wegen der Brigachtaler Bauern.
  • 1. Februar 1525 Die Villinger , bzw. der Truchseß unterbreitet den Brigachtalern einen Anlass, sie haben 2 Tage Bedenkzeit, am 3. Februar nahmen sie bis auf 4 Mann, den Anlass an und schwuren ihn zu halten.Weitere Daten folgen noch.
    Quellen:  Villinger Hugsche Chronik, Hans Elben und die Schutzgebiete der Vorderösterreicher.